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Wie wirksam sind Eheverträge?

Eheverträge, die erst nach dem Scheitern einer Ehe geschlossen werden, prüft das Familiengericht grundsätzlich auf ihre Wirksamkeit. Die Prüfung erfolgt in zwei Schritten: Das Familiengericht unterzieht sie einer Inhaltskontrolle und einer Ausübungskontrolle.

Inhaltskontrolle

Bei der Inhaltskontrolle untersucht das Gericht, ob der Ehevertrag schon bei Abschluss offenkundig gegen die guten Sitten verstieß. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn der Ehevertrag für den Fall des Scheiterns einer Ehe ohne guten Grund einseitige Folgen zu Lasten eines der Ehegatten anordnet. Unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung der Ehe und der Ehegatten verstößt eine derartige Regelung gegen die guten Sitten.

Das Familiengericht überprüft den Ehevertrag anhand von 4 Kriterien:

  • den objektiven Vertragsinhalt,
  • die Vorstellungen der Ehegatten,
  • den Zweck ihrer Vereinbarungen und
  • die Motivation der Ehegatten für den Abschluss des Ehevertrags in dieser Weise.

In der Praxis werden Eheverträge vom Familiengericht nur in besonderen Ausnahmefällen für sittenwidrig und damit für unwirksam erklärt.

Ein typischer Fall der Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn die Ehefrau bei Beurkundung des Ehevertrages schwanger oder das Kind gerade erst geboren ist. Das Familiengericht beurteilt die besondere Situation der (werdenden) Mutter als wirtschaftliche Zwangslage. Eine Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn der Ehemann diese Zwangslage ausnutzt, um seine Ehefrau zum Abschluss unangemessen benachteiligender Eheverträge zu bewegen.

Ungeachtet solcher Ausnahmefälle können die Eheleute selbstverständlich einzelne Regelungen treffen, die für sich genommen für den einen Ehegatten vorteilhaft und für den anderen Ehegatten nachteilhaft sind. Der Ehevertrag ist dennoch nicht sittenwidrig, wenn er insgesamt einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen beider Eheleute vorsieht.

Hält der Ehevertrag der Inhaltskontrolle nicht stand, erklärt ihn das Familiengericht für unwirksam. Anstelle des Ehevertrages gelten dann die gesetzlichen Regelungen.

Ausübungskontrolle

Hält der Ehevertrag der Inhaltskontrolle stand, ist er also nicht sittenwidrig, nimmt das Familiengericht in einem zweiten Schritt eine sogenannte Ausübungskontrolle vor. Es überprüft, ob sich einer der Ehegatten nach Treu und Glauben ausnahmsweise nicht auf eine Regelung berufen darf, obwohl sie so im Ehevertrag steht.

Bei dieser Überprüfung stellt das Familiengericht – anders als bei der Inhaltskontrolle - auf den Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe ab. Überprüft wird, ob eine im Ehevertrag getroffene Regelung sich als einseitige und unzumutbare Belastung für einen der Ehegatten darstellt.

Sollte dies der Fall sein, wird jedoch zunächst nur die unzumutbare Regelung für unwirksam erklärt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn sich die Lebenssituation bei Abschluss des Ehevertrages und die Vorstellungen, die die Ehegatten damals hatten, grundlegend von der Lebenssituation und den Vorstellungen der Ehegatten im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe unterscheiden. Einen häufigen Fall bildet folgende Konstellation: Beide Ehegatten gehen bei Abschluss des Ehevertrages davon aus, dass die Ehe kinderlos bleiben soll und beide auch nach der Heirat weiter voll erwerbstätig sein werden. Sie gehen dann davon aus, dass beide Ehepartner wie bisher für sich selbst sorgen können.

Tatsächlich ändern sich solche Vorstellungen häufig: Gibt einer der Ehepartner seine Berufstätigkeit entweder wegen der ursprünglich nicht geplanten Geburt gemeinsamer Kinder auf, stimmt die Realität nicht mehr mit den Plänen bei Abschluss des Ehevertrages überein. Wenn sich dies dann für einen der Ehegatten gravierend zum Nachteil auswirkt, muss der Ehevertrag in diesem Punkt angepasst werden. Diese Anpassung wird interessengerecht vom Familiengericht vorgenommen. Für den Fall der Geburt der Kinder trifft es dann beispielsweise eine Regelung zum finanziellen Unterhalt der Ehefrau, obwohl der Ehevertrag für den Fall der Ehescheidung einen Unterhaltsverzicht vorgesehen hatte.